PGS Kahl - Schulzeitung

062 Aber viele werden mir auch zustimmen, dass es letztlich doch gut ist, wenn der eine Teil eher spontaner ist und damit den anderen auch mal aus der Reserve lockt, dafür aber der eher zurückhaltende Teil, auch den anderen mal vor unüberlegten Handlungen bewahrt. Und diese unterschiedlichen Veranlagungen sehen wir ja auch am Arbeitsplatz, wenn es gilt, imTeam ein gutes Ergebnis zu erzielen. Da gibt es die gründlichen Planer und Praktiker, die dafür sorgen, dass Projekte gewissenhaft umgesetzt werden. Aber es muss auch die chaotischen Visionäre geben, die wichtige Entwicklungen anstoßen und verkrustete Traditionen aufbrechen. Auch hier ist vorprogrammiert, dass es Reibungspunkte gibt und die Gefahr ist groß, dass sich gleiche Interessensgruppen zusammentun und die andere Seite als Gegner bekämpfen. Dabei scheint die Lösung so einfach: Sich selbst nicht zu wichtig nehmen, die eigene Begrenztheit eingestehen, gleichzeitig die Stärke des Anderen als wertvolle Ergänzung wahrnehmen und schätzen lernen. So kann eine festgefahrene Beziehung neu aufblühen, ein Team in eine ganz neue Dimension des Machbaren vordringen und letztlich auch Völker zu einem friedlichen Miteinander finden. Dazu fällt mir noch folgende Geschichte ein: Der besondere Laden Ein junger Mann hatte einen Traum. Er betrat einen Laden. Hinter der Ladentheke sah er einen Engel stehen. Hastig fragte er den Engel: "Was verkaufen Sie, mein Herr?" Der Engel gab freundlich zur Antwort: "Alles, was Sie wollen." Da fing der junge Mann sofort an zu bestellen. "Dann hätte ich gern: eine saubere Umwelt, das Ende der Kriege in der Welt, bessere Bedingungen für die Randgruppen in der Gesellschaft, Beseitigung der Elendsviertel in Lateinamerika, und…." Da fiel ihm der Engel ins Wort und sagte: "Entschuldigen Sie, junger Mann. Sie habenmich verkehrt verstanden. Wir verkaufen hier keine Früchte, wir verkaufen nur den Samen." (Autor unbekannt) J. Witzmann Sowurde aus Abend undMorgen der dreizehnteTag. Amdreizehnten Tag gab Gott demMenschen die Gabe der Gemeinschaft. Als der Mensch erkannte, dass jeder Mensch mit Stärken und Schwächen ausgestattet war, verstand er das Prinzip der Gemeinschaft. Er konnte die eigenen Schwächen gelassen ertragen und sich von Herzen freuen, wenn andere gerade da ihre Stärken hatten. Durch die gegenseitige Ergänzung wuchs auch die Wertschätzung untereinander, sodass er den Reichtum der Partnerschaft im Kleinen und der Gemeinschaft im Großen als beglückend erfahren konnte. Als Gott sah, dass es gut war, war er mit seinemWerk zufrieden. Vor einigen Jahren hatte ich einmal die Idee, einen „Schöpfungsbericht Teil 2“ zu schreiben, um damit zu zeigen, dass alles, was das Leben wertvoll, schön und beglückend macht, letztlich von Gott kommt. So schenkt er demMenschen die Gabe der Musik, der Kreativität, des Sports, des Genießens, des Humors und eben auch der Gemeinschaft, wie ich es oben nochmal zitiert habe. Ich stelle fest, dass mich dieses Thema immer wieder fasziniert. Zum einen ist das Scheitern vonGemeinschaft leider eine alltägliche Erfahrung. Sei es in partnerschaftlichen, familiären oder nachbarschaftlichen Beziehungen, aber auch in der Gesellschaft bei unterschiedlichen Interessensgruppen, oder global gesehen bei den nationalen Konflikten weltweit. Andererseits ist Gemeinschaft immer dann, wenn sie gelingt, etwas Beglückendes und Bereicherndes. Was könnten nun die Faktoren sein, die ein friedliches Miteinander ermöglichen? Bei einer Theologie-Vorlesung hat uns ein Professor einmal erklärt, dass man den Begriff „Shalom“ nicht einfach mit „Frieden“ übersetzen sollte und auch damit nicht den Zustand beschreiben kann, bei dem gerade mal die Waffen schweigen. Shalombedeutet viel mehr, dass man „gern beieinander“ ist! Und das wiederum kann ja nur gelingen, wenn man den anderen in seiner Andersartigkeit wahrnimmt, anerkennt und als wertvolle Ergänzung zur eigenen Art schätzen lernt. Wie schwer das im Alltag manchmal durchbuchstabiert werden muss, weiß jedes Ehepaar. Oft werden die unterschiedlichen Angewohnheiten und Interessen eher als Auslöser von Konflikten, denn als wohltuende Ergänzung wahrgenommen. Vorwort Vom Reichtum der Gemeinschaft Titelbild: Quali – Kunstprüfung Thema: Impressionismus/Expressionismus Weiterarbeit am Bildausschnitt Niklas Bergmann, 9M Titelbildfoto: Noel Kachouh

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