PGS Kahl - Schulzeitung

062 wir heute sagen würden. In Wittenberg wütete die Pest und viele Menschen starben, auch aus Luthers unmittelbarer Umgebung. Hinzu kam, dass er zwei Freunde verlor, die aufgrund ihres Glaubens getötet wurden. Viele Briefe aus dieser Zeit zeugen davon, dass Luther die Erfahrung von Schwäche und starken Zweifeln machen musste. Eine feste Burg ist unser Gott – das Bild der Burg spricht aufgrund dieser Erfahrungen Luthers. Dabei ist es nicht eine Burg, die trotzig und stark da steht und wir sind dann in der Burg drin und wehren mutig die Feinde der bösen Welt ab. Luther verwendet vielmehr das Bild einer Burg, in deren Schatten die Menschen draußen sicher wohnen können. Der Sänger sitzt nicht in der sicheren Burg und schaut auf das Elend im Tal hinunter. Er sitzt mit bei den Menschen, die täglich den Anfeindungen des Lebens ausgesetzt sind und die ohne Burg wehrlos wären. Es ist das Bild einer Fluchtburg; dahin können die Menschen immer wieder fliehen, wenn sie bedroht werden. Gott ist wie eine solche Burg – eine Aussage des Glaubens, hinter der Erfahrungen von Schutz und Bewahrung stehen. Vielleicht lohnt es sich einmal, unser Leben nicht von seinen Bedrohungen her zu betrachten, sondern von seinen Bewahrungen. Ich weiß, dass sich schlimme Erfahrungen in der Regel sehr viel nachhaltiger in unsere Seele brennen, als schöne Erlebnisse. Der Glaube an den lebendigen Gott möchte uns jedoch befähigen, den Blick auch auf die Bewahrungen zu lenken. Glaube ist ein Perspektivwechsel. Man sieht das Leben mit den Augen Gottes. Dazu möchte uns das Bild von der Burg einladen. Das Bild der festen Burg ist das Vorzeichen für alles Weitere in diesem Lied. Wer sich in Gott geborgen glaubt, der kann sehr gelassen und sehr mutig das angehen, was ihm Angst macht. Und Luther hat auch Angst gehabt, große Angst. „Der altböse Feind“ war für ihn eine Wirklichkeit, die ihn zutiefst bedrohte. Hinter diesem Feind steht das Bild vom Teufel, vom Satan. Der Teufel ist ein Bild für alles, was dem Willen Gottes entgegensteht. Er ist ein Bild für alles, was das Leben heute bedroht und zerstört. Was sollen wir angesichts der Bedrohungen tun? Für Luther war ganz klar: Die Bedrohungen und Gefährdungen können nicht durch uns besiegt werden. Er war der Überzeugung, dass da jemand für uns eintreten muss. Liebe Schülerinnen und Schüler, liebe Eltern und Freunde unserer Schule! Unser Schuljahresmotto heißt ja „Eine feste Burg ist unser Gott!“ Wir haben dieses Motto anlässlich des 500-jährigen Reformationsjubiläums gewählt und uns dabei am Lied “Eine feste Burg ist unser Gott“ von Martin Luther orientiert. (Evangelisches Gesangbuch Nr. 362) Ich möchte dies zum Anlass nehmen, dieses Lied in Anlehnung einer Predigt von Eckart Wüster (Bonn) näher zu betrachten. Was meint Luther konkret mit „Eine feste Burg ist unser Gott“? Martin Luther hat seine theologischen Erkenntnisse in Liedern zusammengefasst. Er hat mit Liedern die 10 Gebote und das Vaterunser ausgelegt. Er hat Lieder geschrieben, mit deren Hilfe er den Gemeindegliedern Inhalte des Katechismus vermittelte. Vor allem als die meisten Menschen noch nicht lesen und schreiben konnten war das eine wunderbare Methode, Inhalte weiterzugeben und sie zu einem Teil des eigenen Lebens werden zu lassen. Die Musik sorgt mit dafür, dass es dabei nicht nur um eine rationale Erkenntnis geht, sondern auch darum, sich diese Erkenntnis mit dem Herzen anzueignen. Originalton Luther: „So sie’s nicht singen, glauben sie‘s nicht.“ Und er war der Überzeugung, dass Musik den Teufel vertreibt. Dazu gehört halt auch das Lied Luthers „Ein feste Burg ist unser Gott“, zu welchem sich Luther von Psalm 46 inspirieren ließ. Es hat eine enorme Wirkung entfaltet. Für viele von uns evangelischen Christen gehört das Lied einfach zum Reformationsfest dazu. Es scheint ein Trotz- und Kampflied zu sein. Das hat in der Vergangenheit manchmal kuriose Züge angenommen. Man hat das Lied als eine Art „Nationalhymne“ der Lutheraner bezeichnet. Man geht davon aus, dass er es wohl in den Wirren der wirtschaftlichen und politischen Händel und in den Schrecken einer Pestepidemie um 1527/28 geschrieben hat. Für Martin Luther war dies eine Zeit, in der er schwere innere Anfechtungen zu erleiden hatte. Er war wiederholt sehr krank, litt wohl auch an Depressionen, wie Vorwort

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